Johann Baptist Kerning : das Ziel erreichen !

 

es geht um ein jungen Burgsohn der durch einen eingewiehenen Kaplan mystische Schulung bekommt !

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K (Kaplan): Was muß der Mensch tun?
G (Gottfried): Gutes.
K: Was ist Gutes ?
G: Alles , was Recht ist ?
K: Was ist Recht ?
G: Alles, was sein muß .
K: Das ist gut geantwortet. Ich könnte zwar fragen: Was ist das, was sein muß, und da würdet Ihr mit der Antwort stocken, denn tun, was sein muß, ist das erste und letzte Gesetzt Gottes und der Natur.
G :  Ist es möglich? ! Erklärt mir dieses durch ein Beispiel.
K : Ein Fuhrmann sollte Steine in eine hochgelegene Burg führen. Der Weg war schlecht, und nur mit Mühe konnte man ihn fahren. Der Fuhrmann aber erbot sich , die Steine zu liefern. Er bespannte seinen Wagen mit so vielem Zugvieh, als er nötig hielt, und führte den beladenen Wagen hinauf. Der Fuhrmann hatte getan, was er tun mußte, um sein Versprechen zu erfüllen.
G : Das ist wahr, aber ich kann die Anwendung nicht finden .
K : Diese ist leicht, wenn wir bedenken , daß der Mensch auch in die Höhe muß, obschon er eine große Last zu tragen hat.
G : Welches ist die Höhe, welche Ihr meint ?
K : Das Leben in seinem reinsten Licht.
G : Welches ist die Last ?
K : Wir selbst; unser Ich.
G : Und das Zugvieh ?
K : Unsere Lebensbegierden.
G : WIE ? Und diese sollten dazu dienlich sein , uns in die Höhe zu bringen ?
K : Wer denn sonst ? Habt Ihr andere Kräfte, die Euch ziehen können ?
Habt Ihr andere Mittel ? Nein ! Was wir besitzen, das müssen wir benützen lernen; was wir noch nicht haben, und wenn es das Beste wäre, hat für uns keine Kraft, ist für uns nicht vorhanden.
G : Ihr macht mich verwirrt. Von Jugend auf wurde ich gelehrt, man müsse die Begierden dämpfen, unterdrücken und sogar vernichten. Ihr aber lehrt mich das Gegenteil. Wie soll ich mir da helfen ?
K : Ihr müßt genügsam sein, das heißt: Ihr müßt Euch nur ein Ziel, aber nicht mehrere setzten ! Dann suchet die Begierden, welche nach jenem Ziele sich hinneigen, übergebt Euch ihnen, und Ihr werdet sehen, wie leicht es gehen wird.
G : da ist die Aufgabe, ein hohes Ziel zu erringen, nicht schwer, wenn uns unsere Natur selbst dahin zieht.
K : So ist es . Die Sache selbst ist nicht schwer, aber der Kampf der Begierden zu schlichten, diejenigen, welche tätig sein sollen , auszuwählen, und die andern zur Ruhe zu bringen, das ist schwer, das ist ein Kampf, der nur dem klugen und mutigen Kämpfer gelingt. "